Klaus J. Jacobs Research Prizes 2021

Klaus J. Jacobs Research Prizes 2021 – CHF 2 Millionen für Wissenschaftler der Frühen Kindheit und Bildung

 

Zürich, 21. September 2021 — Vor dem Hintergrund der weltweiten Pandemie verleiht die Jacobs Foundation erstmals in einem Jahr zwei Klaus J. Jacobs Research Prizes. Die renommierten Forschungspreise gehen an den Harvard Medical School Professor Charles A. Nelson und den Stanford University Professor Daniel L. Schwartz. Gemeinsam ermöglichen ihre herausragenden wissenschaftlichen Leistungen einen umfassenderen Blick auf die Grundlagen der frühen Hirnentwicklung, auf die Auswirkungen frühkindlicher Stressbelastung auf das spätere Lernen und die kognitiven Fähigkeiten sowie auf die Frage, wie ein besseres Verständnis gesunder kognitiver Funktionen den Bildungserfolg in allen Altersstufen beeinflussen kann. Die beiden Preise, die mit je einer Million Schweizer Franken dotiert sind, werden am 19. November 2021 verliehen.

“Mit den beiden Klaus J. Jacobs Research Prizes 2021 zeichnen wir zwei anerkannte Experten aus, die wissenschaftliche Grenzen überschritten haben, um einmalige Chancen zur Verbesserung der Bildung und des Lebens von Kindern zu identifizieren”, sagt Simon Sommer, Co-CEO der Jacobs Foundation. “Solide Wissenschaft und evidenzbasierte Ideen für Lernen und Entwicklung müssen in der Schule und in der Politik eine Schlüsselrolle spielen.”

Charles A. Nelson – Preisträger Klaus J. Jacobs Research Prize 2021

Charles A. Nelson, Professor der medizinischen Fakultät von Harvard, erhält den Klaus J. Jacobs Research Prize 2021 für seine bahnbrechenden Forschungsarbeiten über die Auswirkungen widriger Umstände in der Kindheit auf die Gehirnentwicklung, Verhaltensstörungen und soziale Stabilität.

Seine zwanzigjährige, wegweisende Studie zum Bucharest Early Intervention Project (Bukarester Frühinterventionsprojekt) zeigte, dass schädlichen Auswirkungen frühkindlicher Stressbelastung mithilfe von Vorsorgeuntersuchungen vorgebeugt werden kann und dass Frühinterventionen diese Auswirkungen mindern oder rückgängig machen können.

Seine Studien über die Auswirkungen von Stressbelastungen in der Kindheit haben weltweit zu Veränderungen von Adoptions-, Flüchtlings- und Armutsprogrammen beigetragen. Zudem haben seine Forschungsergebnisse zahlreiche andere Wissenschaftler auf den Gebieten der Kognitionswissenschaften, der öffentlichen Gesundheit und der Sozialwissenschaften beeinflusst, spezielle Aspekte biologischer und sozialer Störungen im Zusammenhang mit Stressbelastungen ausgelöst durch Krieg oder Missbrauch durch die Eltern zu untersuchen.

Auswirkungen frühkindlicher Stressbelastungen

Nelson ist Professor für Pädiatrie und Neurowissenschaften sowie für Psychologie an der Klinik für Psychiatrie der medizinischen Fakultät von Harvard und Professor für Pädagogik an der Graduiertenschule für Pädagogik von Harvard. Er hält ebenfalls den Richard David Scott-Lehrstuhl für pädiatrische Entwicklungsmedizinforschung am Bostoner Kinderkrankenhaus und ist als Forschungsdirektor in der Abteilung für Entwicklungsmedizin tätig.

Bei seiner Arbeit mit dem Bukarester Frühinterventionsprojekt (BEIP) hat Nelson in den vergangenen 20 Jahren aufzeigen können, dass Kinder mit frühen und länger anhaltenden psychosozialen Belastungen dauerhafte Beeinträchtigungen und Verzögerungen in der neuronalen, biologischen und psychologischen Entwicklung aufweisen. Jedoch können viele dieser schädlichen Auswirkungen rückgängig gemacht werden, wenn Heimkinder vor Ende des zweiten Lebensjahres aus dem institutionellen Umfeld herausgenommen werden.

„Meine Arbeit über frühkindliche Stressbelastungen hat sich in Richtlinien und in der Praxis von Pädagogen und Gesetzgebern niedergeschlagen, sodass beide Berufsgruppen jetzt der frühkindlichen Umgebung besondere Aufmerksamkeit schenken“, sagt Prof. Nelson. „In vielen Bereichen wurden Richtlinien geändert und Kinder haben davon profitiert. Ein jüngstes Beispiel aus den USA betrifft eine politische Massnahme der Biden-Regierung, mit der eine Richtlinie der Regierung Trump widerrufen wurde, Kinder an der US-amerikanisch-mexikanischen Grenze von ihren Eltern zu trennen.“

Weitere Herausforderungen

In den letzten Jahren hat Nelson an einer Studie im Rahmen eines Projekts zur zerebralen Bildgebung früher Stressbelastungen (BEAN) in Bangladesch gearbeitet, die die Situation von Säuglingen und Kleinkindern untersucht, die in einem städtischen Slum in Dhaka aufwachsen und häuslicher Gewalt, Misshandlungen und Unterernährung ausgesetzt waren. Durch die Studie ist belegt worden, dass diese Stressbelastungen zu einem kleineren Gehirnvolumen, einer veränderten Gehirnkonnektivität und einer schlechten kognitiven Gesamtleistung führen können.

In den kommenden fünf Jahren will Nelson die neuronalen Zusammenhänge kritischer Phasen in der kindlichen Entwicklung untersuchen. Dabei wird er der Frage nachgehen, ob und wie durch Stressbelastungen verlorene kritische Zeiträume mithilfe therapeutischer Massnahmen wiederhergestellt werden können. “Das Verständnis dafür, wie eine kritische Phase gerettet werden kann, hat wichtige Auswirkungen auf die Entwicklung wirksamerer Behandlungsstrategien für Kinder, denen Schlüsselerfahrungen vorenthalten wurden oder die in den ersten Lebensjahren negativen Erfahrungen ausgesetzt waren“, erläutert Nelson.

Daniel L. Schwartz – Preisträger Klaus J. Jacobs Research Prize 2021

Daniel L. Schwartz, Professor der Stanford University, erhält den Klaus J. Jacobs Research Prize 2021 für seine Studien zu kognitiven Fragestellungen mittels innovativer Lernexperimente, die zu neuen Erkenntnissen in der Bildungsforschung beigetragen haben. Er forscht zu Themen wie Wissensvermittlung, Transfer – wie Lernende ihr erworbenes Wissen oder ihre Fähigkeiten in einem anderen Kontext einsetzen können – und Leistungskontrolle. Schwartz ist führend in dem Wissenschaftsgebiet, das kognitive Psychologie und Pädagogik verknüpft. Zu seinen Entdeckungen gehört ein neuartiges theoretisches Konzept, das die Wahrnehmung von Symmetrie mit dem Erlernen negativer Zahlen verknüpft.

Seine richtungsweisenden Erkenntnisse werden von Lehrern und in Bildungseinrichtungen breit angewendet dank seines Buches The ABCs of How We Learn: 26 Scientifically Proven Approaches, How They Work, and When to Use Them und anderer Veröffentlichungen.

Innovative Experimente

Schwartz ist I. James Quillen Dean und Nomellini & Olivier Professor für Bildungstechnologien in Stanford und leitet dort den Transforming Learning Accelerator. Der Accelerator ist eine gross angelegte interdisziplinäre Initiative, mit der die Wissenschaft des Lernens und die Gestaltung von Lernvorgängen vorangetrieben werden soll, um effektive und faire Bildungslösungen für die ganze Welt zu entwickeln.

Seine Forschung hat neues theoretisches Terrain in der Bildungsforschung erschlossen. Dies zeigt sich an seiner Studie zum Thema, wie Kinder negative Zahlen erlernen. Dabei handelt es sich um ein einzigartiges, jahrzehntelanges Projekt, das sich auf die Hirnforschung mittels der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRI), die mathematische Modellierung, Unterrichtsdaten sowie innovative Unterrichtstechnologien stützt. Schwarz interessiert dabei „wie wir Umgebungen gestalten können, die Lernenden dabei helfen, neue Ideen zu entwickeln und – noch wichtiger – wie wir Unterrichtsstunden so aufbauen können, dass Lernende eigenständig lernen können, wenn kein Lehrer anwesend ist, der ihnen vorschreibt, was sie zu tun und zu lernen haben.“

KI für die Pädagogik

In diesem Zusammenhang hat Schwartz eine auf künstlicher Intelligenz basierende Technologie namens Teachable Agent (TA) erfunden. Dabei handelt es sich um einen Avatar, der Lernende unterrichtet. Durch seine Forschung wird belegt, dass Lernende, die mit einem Teachable Agent arbeiten, mehr lernen und mehr Zeit für Lernaktivitäten aufbringen. Schwartz plant, in den kommenden fünf Jahren seine Forschung zu TAs auszubauen, die das Erlernen logischen Denkens mittels Daten und Aussagen unterstützen. „Diese Arbeiten schaffen einen skalierbaren TA, der dank seiner zugrunde liegenden Intelligenz-Architektur vielfältig und wirksam eingesetzt werden kann“, meint Schwartz. “Wenn sich die Arbeiten als erfolgreich erweisen, kann so auf effektive Weise die wissenschaftliche Kompetenz im Hinblick auf Lernprozesse und Schlussfolgerungen aus Pandemien verbessert werden.“

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